Thema des Tages

Heute aktuell Aktualisiert: 01.01.2011, 09:01 Uhr

Tagesthema vom 01.01.2011


Neues Jahr, alter Winter - erneut Polarluft im Anmarsch

Zum Wetter kann man ja stehen wie man möchte, aber es ist davon
auszugehen, dass bei dem einen oder anderen Zeitgenossen beim
üblichen Silvester-Sinnieren über das neue Jahr der Wunsch
aufkam, der bisher so winterliche Winter möge doch bald ein
Ende finden. Nun, so sei es von Seiten der Meteorologenschaft
verkündet, die derzeitige Protagonistin des hiesigen
Wettergeschehens - es handelt sich um ein Sturmtief namens
WALTRAUD - gibt sich ja alle Mühe, diesen Wünschen zu
entsprechen, allerdings, und da wären wir schon wieder beim
"Aber", nur temporär. Doch der Reihe nach. Zunächst mal ist es
dem Sturmtief auf seiner Bahn von Norwegen in Richtung Baltikum
gelungen, insbesondere in der Nordhälfte mildere, vor allem
aber sehr feuchte Nordseeluft zu platzieren. Positive
Temperaturen (selbst in der Neujahrsnacht) und gemeinhin als
typisch norddeutsches Schmuddelwetter bezeichneter Nieselregen
mit tief hängenden Wolken war die Folge. Entsprechend ging es
der mehr oder weniger dicken Schneedecke erheblich an den
Kragen, ohne dass diese nun aber allerorten von der Bildfläche
verschwunden wäre. Am Neujahrsmorgen waren es vielerorts immer
noch über 10, teilweise sogar über 20 Zentimeter, etwas
schmuddelig und matschig zwar, aber immer noch Schnee.
Weiter in Richtung Süddeutschland hatte WALTRAUD deutlich
weniger Aktien am Markt, was u.a mit der naturräumlichen
Gliederung unseres Landes zu tun hat. Die Mittelgebirgsschwelle
sorgt nämlich dafür, dass dort die Nordseeluft nicht so flotte
Einfahrt erhält wie auf dem platten Land in der Norddeutschen
Tiefebene, vor allem, wenn zudem auch noch der Wind fehlt.
Außerdem herrscht im Süden leichter Hochdruckeinfluss, was im
Winter in der Regel die Konservierung, bei klaren Verhältnissen
sogar die Forcierung kalter Luft zur Folge hat. Lange Rede,
kurzer Sinne, in der Mitte und im Süden tut sich die Sache mit
dem Tauwetter erheblich schwerer als im Norden, auch wenn es am
heutigen Neujahrstag diesbezüglich ein paar Ansätze zu
verzeichnen gibt. Diese sind aber nur von kurzer Dauer, denn
die Wetterlage stellt sich noch im Verlaufe des Wochenendes
schon wieder um.
Zwar bleibt uns WALTRAUD noch erhalten (es handelt sich
übrigens um ein Relikt aus dem Jahr 2010, das nächste Tief
müsste turnusgemäß einen männlichen Namen bekommen), allerdings
nimmt sie eine Position ein, die die Zufuhr von milder Luft
nicht mehr ermöglicht. Im Gegenteil, am Sonntag positioniert
sich das Tief über Weißrussland und lenkt - unter gütiger
Mithilfe ihres kongenialen "Hochdruckkollegen" ANDREAS (bei
Irland und Großbritannien gelegen und ebenfalls ein
Überbleibsel aus 2010) - auf direktem Wege eine üppige Portion
polarer Luftmassen nach Mitteleuropa respektive Deutschland.
Zwar erwärmt sich die über dem Nordpolarmeer und der Barentssee
gestartete Kaltluft auf ihrem Weg über die Norwegische See und
die Nordsee peu a peu, nachhaltiges Tauwetter ist mit dieser
Konstellation aber nicht zu machen. Und da zu Wochenbeginn Hoch
ANDREAS einen Ableger oder korrekter formuliert einen so
genannten Keil nach Deutschland vorschiebt, kühlt sich die Luft
über dem Festland sogar wieder ab. Entsprechend stehen tagsüber
verbreitet leichter Dauerfrost oder Werte um den Gefrierpunkt
auf der Karte, einzig im Westen und Nordwesten reicht es am
Nachmittag für leichte Plusgrade. In den Nächten werden diese
aber getilgt, und es stellt sich leichter bis mäßiger, bei
längerem Aufklaren und vorhandener Schneedecke sogar strenger
Frost unter -10 Grad ein. Apropros Schnee, besonders viel Neues
wird von dieser Sorte in den nächsten Tagen nach Stand der
Dinge nicht fallen, da hat es in diesem Winter schon ganz
andere Nummern gegeben. Am Sonntag im äußersten Süden und in
Teilen Sachsens etwas länger andauernder Schneefall, sonst ein
paar Schneeschauer oder etwas Schneegriesel, aber keine großen
Neuschneemengen. Die Gretchenfrage wird eher darauf abzielen,
wo bleibt es tagsüber grau durch Nebel oder Hochnebel, wo setzt
sich die Sonne durch. Antworten darauf können in der Regel erst
relativ kurzfristig gegeben werden.
Abschließend noch ein paar aufmunternde Worte für alle, die mit
dem Winter nichts oder nicht viel am Hut haben. Zum einen
werden die Tage wieder länger, wobei nun auch bald der
Sonnenaufgang früher erfolgt (der späteste Sonnenaufgang ist
erst Anfang Januar terminiert, während der frühste
Sonnenuntergang bereits um den 10. Dezember herum statt
findet). Zum anderen scheint sich die Natur zu überlegen, dass
es auch noch andere Großwetterlagen und andere Luftmassen in
der Atmosphäre gibt, die es gilt, der Menschheit zu
präsentieren. Kurzum und ohne Details deutet Einiges darauf
hin, dass sich etwa ab Mitte der kommenden Woche die
Luftdruckverhältnisse gänzlich umkehren. Dort, wo jetzt das
Hoch liegt, stellt sich tiefer Druck ein, dafür verlagert sich
der hohe Luftdruck nach Osten. Entsprechend dreht die Strömung
zunehmend auf südliche bis südwestliche Richtungen, wodurch
step by step mildere Luftmassen nach Deutschland verfrachtet
werden, die dann tatsächlich nachhaltiges Tauwetter mit
Regenfällen und vielleicht auch starkem Wind ins Spiel bringen.
Die dann unweigerlich auftretende landesweite Matschpampe mit
allen Schikanen möchte sich der Verfasser heute aber noch gar
nicht vorstellen und blendet gedanklich lieber ein Bild mit
Schnee und Sonne bei frostigen Temperaturen ein. Wie so oft im
Leben ist auch beim Wetter alles eine Ansichtssache...


... in dem Sinne allen geneigten Lesern dieser Rubrik - auch im
Namen der heute nicht diensthabenden Kolleginnen und Kollegen -
ein glückliches und vor allem gesundes Jahr 2011 !


Dipl.-Met. Jens Hoffmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale

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